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Transparency International

bezeichnet als Korruption den Missbrauch von Macht zum privaten Nutzen. Diese Definition ist sehr allgemein. Im Gesundheitswesen ist sie nicht ohne weiteres anwendbar, denn strafbare Delikte der Bestechung oder Vorteilsgewährung von Amtsträgern oder Bestechung und Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr treffen wir hier zwar auch an, aber sie bilden nicht den Kern des Problems.

Dieser liegt vielmehr in der starken Intransparenz des äußerst komplexen Systems „Gesundheitswesen“. Die Intransparenz dadurch aufzuhellen, dass das komplizierte Wechselspiel der im Gesundheitswesen Beteiligten deutlich wird, ist eines der wesentlichen Ziele dieser Untersuchung. Wir wollen damit erreichen, dass Öffentlichkeit und einzelne Versicherte, Ärzte, Apotheker, Kassenvertreter wehrhafter den offensichtlichen Missständen begegnen können.

vor 2 Jahren legte Transparency International Deutschland (TI-Deutschland) eine Untersuchung vor, die unter dem Titel „Transparenzmängel im Gesundheitswesen. Ressourcenverschwendung, Missbrauch, Betrug – Einfallstore zur Korruption“ die Strukturen untersuchte, auf die es zurückgeht, dass Millionen D-Mark von Versichertenbeiträgen in Deutschland einerseits verschwendet werden, andererseits in die falschen Taschen fließen. Der Schaden für die Versicherten ist enorm, der Vertrauensverlust bei den Patienten ist gleichfalls groß, lässt sichaber ebenso wenig messen wie die Image-Beschädigung der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und aller übrigen Heilberufe. Allerdings schlägt er sich in den Medien deutlich nieder, denn es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwo Berichte über Abrechnungsbetrug, Skandale bei einer Kassenärztlichen Vereinigung und über fragwürdige Absatzstrategien von Arzneimitteln, Tierarzneimitteln oder Medizingeräten zu lesen, zu hören oder zu sehen sind.
Nach wie vor gelten die grundsätzlichen Aussagen des Einleitungskapitels der ge-nannten Untersuchung, auch wenn sich durch die zahlreichen Skandale der letzten
Monate der staatlich finanzierte Verbraucherschutz ein wenig verbessert hat:

„Im Gesundheitsmarkt sind Millionen von Menschen beschäftigt und noch viel mehr Menschen als Patienten betroffen; alle haben ein Recht auf „saubere Verhältnisse“....

Die Intransparenz des komplexen Gesundheitssystems bietet die Einfallstore für missbräuchliches Verhalten aller im System agierenden Gruppen, die – auch durch Korruption – bedenkenlos den Einzelnutzen vor den Gesamtnutzen stellen und damit das System schädigen. Der Wettbewerb der Marktpartner – wie Hersteller, Leistungserbringer, Verordner, Krankenkassen und schließlich Patienten – spielt sich nicht auf den üblichen Ebenen ab. ... Die Nachfrageseite kann nicht preiselastisch reagieren. ... Und die Verbraucher haben weder ausreichendeInformationen über Wert und Nutzen von Leistungen oder über das Marktgeschehen noch eine eigene Interessenvertretung, und damit verfügen sie nicht über Marktmacht.

Erscheinungsformen

Ärzte:

  • Abrechnung nicht erbrachter Leistungen
  • Abrechnung nicht persönlich erbrachter Leistungen (Chefärzte rechnen in unzulässiger Weise Leistungen ihrer nachgeordneten Fachärzte als eigenerbrachte, eigenverantwortlich bzw. persönlich erbrachte Leistungen ab. Handel mit ärztlichen Leistungen Dritter durch leitende und niedergelassene Ärzte, z.B. mit Laborleistungen, Röntgenleistungen, Zytologie oder )
  • Falschabrechnung erbrachter Leistungen >> aktuell Zahnersatz aus Ausland
  • Abrechnung nicht indizierter Leistungen
  • Abrechnung von Leistungen aus finanzieller, nicht medizinischer Indikation:
    z.B. Selbstzuweisung (engl.: self referral)
  • Überweisung gegen Provision (z.B. „Kickback“ oder als „Normalwertstudien“
    getarnte Rückvergütungen oder Subventionierung „beziehbarer“ Leistungenaus dem Gewinn höherpreisiger Spezialleistungen)

Apotheken:

  • Gewinnmaximierung durch Waren aus dem „Grauen Arzneimittelmarkt“
  • Aufweichen der gesetzlichen Überwachung durch Etablierung von neuen Ver-triebswegen( z.B. Brokern).
  • Berechnung von Originalpräparaten, aber Abgabe von Reimporten
  • Verrechnung des Profits aus teuren Rezepten mit der Abgabe weiterer anderer Waren Fälschung der Mengenangaben auf dem Rezept
  • Abrechnung teurer Rezepte, die aufgekauft, aber nicht beliefert werden.
    Provisionszahlungen durch Apotheker an verordnende Ärzte

Pharmaindustrie:

  • Kundenfang durch überzogene bzw. unrichtige Heilversprechungen (Wer-bung, Internet etc.)
  • Abwälzung von Forschungskosten auf die Versicherten bzw. Krankenkassen bei Arzneimittelstudien
  • Verhinderung des Preiswettbewerbs durch finanzielle Abfindung von Generika-Firmen, um preiswerte Generika nicht oder verspätet auf den Markt zu bringen

Versicherte:

  • Verleihen und/oder Verkauf der Chipkarte gegen Bargeld
  • Rabatt-Erpressung von Apothekern (etwa 10 % der Kosten) bei Privatrezepten zum Schaden der Versicherung
  • Nötigung von Ärzten mit Wünschen nach Verordnungen unwirtschaftlicher oder nutzloser (Life-style) Arzneimittel oder nach nicht begründeten ärztlichen oder nichtärztlichen Leistungen (Massagen, Kuren u.a.)
  • Verkauf von Rezepten in der Apotheke gegen Bargeld oder im Austausch gegen andere als die verordneten Produkte, z.B. auch Kosmetika
  • Mehrfach-Verkauf von teuren Rezepten gegen Bargeld mittels Ersatz-Rezepten bei angeblichem Rezeptverlust, meist in Absprache mit den beteiligten Ärzten oder Apothekern Nötigung von Apothekern mit Verlangen nach Quittierung von Rezepten ohne
  • Belieferung, um Kostenerstattung von Beihilfe oder Versicherung zu erschleichen
  • Bei teuren Erkrankungen (Bluter, MS-Kranke u.a.) Absprache mit Firmenver-tretern zur Verwendung (Verordnungsanforderung) von speziellen Firmenpro-dukten mit „Gewinnbeteiligung“ durch den Lieferanten

TRANSPARENCY INTERNATIONAL Deutsches Chapter e.V.
Vorsitzender: Dr. Michael H. Wiehen Stellv.Vorsitzende: Dr. Ina-Marie Blomeyer, Prof. Dr. Peter P. Waller

Wußten Sie schon, das in Deutschland von jährlich etwa 4 Milliarden rezeptfrei verkauften Medikamenten nur die Hälfte eine Wirkung erzielt?

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